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Meine Persönlichkeitsanteile

- und ich -

Inhalt

Hinweis vorweg

Der Artikel beschreibt die Arbeit mit dem inneren Familiensystem nach Schwartz bzw. Holmes (TH). Es fließen Erfahrungen von Kumbier (DK), Schultz von Thun, Watkins und Young mit ein, die ich in meiner Arbeit flexibel nutze. Wer sich für die Autoren interessiert, findet am Ende eine Literaturübersicht.

Wenn es darum geht, das Mindset oder seine Prägungen zu verändern, reicht es nicht aus, sich um die gedankliche Ebene zu kümmern, denn das Mindset besteht aus mehr als nur unseren Gedanken. 

Vielleicht hast Du schon einmal versucht, einen bestimmten Glaubenssatz “aufzulösen”, aber innerlich einen Widerstand gespürt, der Dich daran hinderte. Oder vielleicht hast Du so eine Art Stimme vernommen, die Dir genau das Gegenteil von Deinem gewünschten neuen Glaubenssatz erzählte. Vielleicht kennst Du aber auch folgendes Szenario.

“In bestimmten Situationen reagiere ich immer wieder gleich. So, als wenn bei mir ein Knopf gedrückt wird, und dann kann ich einfach nicht anders. Hinterher weiß ich selbst, dass ich übers Ziel hinausgeschossen bin. Aber es passiert immer wieder.”

So ähnlich schildern meine Klient/innen ihre Schwierigkeiten in den verschiedensten Situationen oder wenn es um tiefgreifende Veränderungen im Denken geht. 

Was dahinter steckt und was Du dagegen tun kannst findest Du in diesem Artikel.

Automatische Reaktionen

Hinter solchen Reaktionen stecken automatisch ablaufende Programme, die in Situationen anspringen, die einen ähnlichen Charakter haben wie Situationen aus unserer Vergangenheit. Während unserer Entwicklung haben wir mehr oder weniger bewusst Programme in unserem Gehirn gespeichert, die allzeit bereit darauf warten, aktiviert zu werden. Bei einem Computer klickt man das Programm an. Bei uns Menschen werden sie in Situationen aktiviert, die früheren Situation ähnlich sind.

Im Artikel über das Mindset sprachen wir von Prägungen, den sogenannten Programmen oder Mustern. Diese kann man sich auch als ein inneres Team oder inneres Familiensystem (IFS) vorstellen, bei dem ein Anteil einem Programm oder Muster entspricht. Andere Therapieschulen nennen diese Programme Schemata, Ego-States oder Verhaltensmuster.

Was das innere Familiensystem ist

Das innere Familiensystem (IFS) ist ein Modell, welches unsere Programme als Persönlichkeitsteile bzw. -anteile ansieht. Sie ergeben die ganz normale Zusammensetzung unseres Geistes und sind nicht krankhaft. Es geht von einer Multiplizität der Persönlichkeit aus. Das heißt, dass es mehrere Teile in uns gibt, die unser Denken, Fühlen und Handeln steuern. Wenn man so will ist es die Software, welche in unserem Gehirn (der Hardware) gespeichert ist.

Das innere Familiensystem besteht aus unserem bewussten Selbst (dem Oberhaupt) und den Teilen (Teammitgliedern). Das Selbst hat keine Form und kann am besten mit dem Zustand von Gewahrsein oder auch achtsam sein beschrieben werden. Es nimmt eine beobachtende und ggf. steuernde Haltung ein. Bei jedem Teil handelt es sich um einen konkret wahrnehmbaren Bewusstseinszustand mit eigenen Gedanken-, Gefühls- und Verhaltensmustern, die sich in bestimmten Situationen wiederholen. Jeder Teil fühlt in und reagiert auf dieselbe Situation ganz unterschiedlich.

Beispiel:

Tom sagt mit einem Grinsen zu Juliane: “Du bist heute ja wieder ganz schön flott unterwegs”. Ihre Reaktion ist je nach Stimmungslage unterschiedlich. An einem Tag lacht sie und nimmt sich selbst auf den Arm. An einem anderen Tag wird sie sauer und reagiert gereizt. An wieder einem anderen rechtfertigt sie sich.

Warum das? Bei jeder der Reaktionen reagiert ein anderer Teil.

Diese Reaktionen (des inneren Familiensystems) laufen auf einer inneren Bühne oder auch in einem inneren Wohnzimmer ab. Je nach Situation sind unterschiedliche Teile auf der Bühne aktiv, als Haupt- oder als Nebendarsteller.

Was das innere Familiensystem nicht ist

Es ist keine psychische Störung und darf bspw. nicht mit der veränderten Wahrnehmung bei einer Schizophrenie oder wahnhaften Störungen bzw. der multiplen Persönlichkeitsstörung (einer dissoziativen Störung) verwechselt werden. Letztere ist ein Abwehrmechanismus der Psyche, bei der Teile voneinander abgespalten werden und dissoziieren. Diese Persönlichkeiten besitzen wenig oder kein Wissen voneinander und sind üblicherweise die Folge schwerer Traumatisierungen.

Persönlichkeitsteile oder Teammitglieder im Sinn der Teilearbeit gehören zu unserer ganz normalen psychischen Grundausstattung.

Entstehung

Ursprünglich entstanden unsere Teile immer mit einer für uns positiven Absicht. Sie halfen bei der Anpassung an körperliche, seelische und soziale Bedürfnisse zu der Zeit, in der sie entstanden sind. Auch wenn sie in unserem heutigen Alltag hinderlich erscheinen oder sogar destruktiv sind, ist es wichtig, die ursprüngliche positive Absicht dahinter zu verstehen und anzuerkennen. 

Ursächlich lassen sich drei verschiedene Weisen der Entstehung unterscheiden.

Teile, die das körperliche Überleben sichern

Zu ihnen gehören Teile, die dazu beitragen, dass wir Nahrung aufnehmen und wissen, wann wir hungrig sind, was schmeckt und wo wir zu Essen finden.

Auch fürsorgliche/mütterliche Teile sind in den ersten Lebensjahren für ein Kind existenziell wichtig. Ohne Fürsorge durch die Eltern oder Bezugspersonen überlebt ein Baby nicht.

Wenn es um das Überleben in Gefahrensituationen geht, sind Angst-Teile enorm wichtig. Sie halten Ausschau nach potenziellen körperlichen oder sozialen Gefahren. Hierbei gibt es eine enge Verbindung zu unserem biologischen Stress-Programm.

Teile für soziale Anpassung

Sie sollten uns helfen, erfolgreiche Beziehungen zu unserem sozialen Umfeld zu gestalten.

Ursprünglich sollten diese Teile den fürsorglichen Teil der Eltern aktiv halten, um das eigene Überleben zu sichern. Diese zwischenmenschlichen Verhaltensmuster wurden dann verinnerlicht und formten die Persönlichkeitsanteile, welche auch heute noch auf Anerkennung ausgerichtet sind.

Teile für die Selbstregulation
(innere Manager/Aufpasser)

Diese Teile halfen dem Kind ursprünglich, zwischen dem, was man darf und dem, was man nicht darf bzw. was sozial und moralisch akzeptiert ist oder nicht, zu unterscheiden. Noch etwas allgemeiner ausgedrückt, zwischen dem “guten Kind” und dem “bösen Kind”. Dabei verinnerlichten wir die Dinge, die unsere Eltern uns vorlebten oder beibrachten und übernahmen sie unreflektiert in unser Wertesystem. Zu ihnen gehören beispielsweise unsere inneren Kritiker, Richter, Moralapostel, Verurteiler oder Rebellen.

Woran man Anteile erkennt - Dimensionen

Ein Persönlichkeitsanteil besteht im inneren Familiensystem aus vier unterschiedlichen Dimensionen (sensorisch, emotional, verbal, imaginativ), die ich hier analog zum Mindsets, wie ich es in meiner Arbeit verwende, beschreibe.

Sensorisch (körperliche Ebene)

Die sensorische Dimension umfasst die Art und Weise, wie sich der Teil körperlich bemerkbar macht. Druck im Kopf, Last auf der Schulter, wie ein Stein im Herzen, schwere Atmung, Herzklopfen.

Emotional (Gefühlsebene)​

Das sind die Gefühle, die ein Anteil spürt, wenn er aktiviert wird, wie z. B. Angst, Wut, Stolz, Scham, Überforderung, Sorge, Hilflosigkeit, Freude, Verlangen.

Verbal (gedankliche Ebene)

Bei der verbalen oder kognitiven Dimension geht es darum, was der Teil denkt, sagt oder was er sagen möchte. Über diese Dimension lässt sich besonders gut herausfinden, welche gute Absicht er verfolgt, warum er reagiert, wie er reagiert und welche Bedürfnisse er gern gestillt bekäme. Über diese Dimension kann man sich mit den Teilen unterhalten.

Da etwas zu sagen bereits ein beobachtbares Verhalten ist, möchte ich hier noch die Verhaltensebene, die im IFS keine eigene Dimension besitzt, hinzufügen.

Verhaltensebene

Hier zeigt sich ein Teil durch seine Handlungen, welche man als außenstehende Person  beobachten kann. Zum Beispiel: Tür knallen, zurückziehen, schreien, sich verbal über andere lustig machen, Mimik, Gestik.

Imaginativ

Durch all die vorher beschriebenen Ebenen oder Dimensionen wird ein Persönlichkeitsanteil erlebbar und spürbar. Meist entsteht daraus eine bildliche Vorstellung eines Teils. Das ist die imaginative Dimension. Dieses innere Bild kann eine erwachsene Person sein, ein Kind, ein Jugendlicher, männlich oder weiblich, alt, jung oder manchmal auch nur eine undefinierte Form, wie eine Wolke.

Darf ich vorstellen? Die Teile.

Selbst

Das Selbst zeigt sich durch Gewahrsein oder achtsame Wahrnehmung. Es ist wie ein wohlwollender Beobachter oder eine selbst beobachtende, reflektierende Instanz, welche die Teammitglieder wahrnimmt und überblickt. Es kann Einfluss auf die innere Dynamik, die Teile und deren Verhalten nehmen. Die Qualitäten, in denen sich das Selbst ausdrückt sind Ruhe, Mitgefühl, Neugierde, Mut, Verbundenheit, Kreativität, Klarheit und Zuversicht.

Beschützer-Teile

Beschützer-Teile oder Manager-Teile sind meist innere Erwachsene. Sie beschützen das innere System, das heißt die verletzten und verbannten Teile in uns. Sie schützen vor Gefühlen wie Schmerz, Zurückweisung und Erniedrigung. In ihrer Qualität sind sie planend, vorausschauend oder strategisch. Beschützer-Teile wollen Kontrolle über  Situationen und Beziehungen ermöglichen.

Hier ein paar Beispiele:

Beschützer - Securitys, Türsteher, Superhelden

Sie beschützen fast immer ein verängstigtes inneres Kind. Beschützer zeigen sich zum Beispiel als wütende Teile, die sich nicht nur für die Außenwelt bedrohlich anfühlen können, sondern auch für die Person selbst. Oder sie wirken wie ein Schutzpanzer, der andere Menschen von uns fernhält. Wenn eine Person abwesend oder unfreundlich wirkt, wenn sie den “harten Kerl” raushängen lässt oder ein Gespräch an sich reißt, dann könnte ein Beschützer im Vordergrund stehen. Auch sehr rationale Anteile wollen beschützen. Sie drücken oft jegliche Art von Emotion weg, damit das System nicht von zu unangenehmen Gefühlen überrollt wird. (TH)

Aufpasser - Kritiker, Richter, Moralapostel

Diese Teile haben elterliche Ermahnungen verinnerlicht und sollten uns an die sozialen Regeln und Normen der Familie und Gesellschaft erinnern. Später sollen sie helfen, uns gut  in unser soziales Umfeld einzufügen. Sie beschützen oft verletzliche Teile, die sehr darunter leiden, wenn wir uns von anderen kritisiert oder zurückgewiesen fühlen. (TH)

Manager - Antreiber, Funktionierer, Multitasker, Listenschreiber, Bestimmer

Sie erkennt man unter anderem durch ein ständiges Funktionieren, Vorantreiben oder auf allen Hochzeiten tanzen. Haben sie die Oberhand, wird gemacht und getan, oft ohne Pause. Innere Manager möchten dafür sorgen, inneren und äußeren Anforderungen gerecht zu werden. Aufgrund der großen Anzahl von Rollen bzw. Aufgaben im Alltag (besonders bei Frauen) hilft dieser Teil, die vielen Anforderungen zu bewältigen. Diese Teile führen oft dazu, die eigene Belastungsgrenze haushoch zu überschreiten. (TH)

Faulenzer

Er ist oft der Gegenspieler eines inneren Managers. Er sorgt dafür, dass wir uns erholen und einfach mal nichts zu tun. Wird er zu mächtig, fehlt es an Antrieb, Motivation oder Lust. Dann wird es schwer, sich zu Pflichten oder sogar wohltuenden Dingen aufzuraffen.

Rebellische Anteile

Sie haben die Funktion, gegen elterliche oder soziale Erwartungen aufzubegehren, um Autonomie und Identität zu entwickeln. Sie helfen beim Abgrenzen von anderen. Sind sie zu stark, entstehen häufig Konflikte in sozialen Beziehungen und können nahen Bindungen im Weg stehen. (TH)

Zu gute Teile (Helfer)

Diese Teile besitzen zunächst viele gute Eigenschaften, durch die eine Person viel Anerkennung erhält. Wenn sich ein solcher Teil zu sehr auf der Bühne ausbreitet, also auf alle Bereiche des Lebens übergreift, kann das im Verlauf zu Burnout oder anderen psychischen Störungen führen. Besonders oft besitzen Menschen in sozialen Berufen einen sehr stark ausgeprägten inneren Helfer. Auch diese Teile lassen einen Menschen oft dauerhaft über seine eigenen Grenzen gehen. (TH)

Diplomaten, Vermittler, Schlichter, Harmonisierer, Anpasser

Das sind die Teile, die sich gut in andere Menschen hineinversetzen können, ursprünglich, um das Verhalten der Bezugsperson abzuschätzen und keine Angriffsfläche für Verletzungen zu bieten. Auch sie beschützen oft ängstliche innere Kinder. Sie passen sich an ihre Umgebung an und versuchen, ein gutes Miteinander/Klima herzustellen, da es für die ängstlichen Teile schwierig ist, Konflikte zu ertragen. Egal wie klein diese sein mögen. Durch ihre Anpassungsfähigkeit vergessen die Harmonisierer allerdings häufig ihre eigenen Bedürfnisse. In zwischenmenschlichen Beziehungen fühlen sie sich oft zwischen den Stühlen, halten ihre eigene Meinung zurück, weil sie andere nicht verletzen und selbst nicht verletzt werden wollen.

Sorgenmacher

Diese besorgten Teile sollen vorausschauen und vor möglichen Gefahren warnen. Wenn sie zu stark werden, halten sie oft nützliche Teile davon ab, Probleme lösungsorientiert zu bewältigen. Sie  lassen uns nachts vor Sorge wach liegen. In ihrer funktionalen Gestalt werden durch sie Anteile aktiviert, die bei der Problemlösung behilflich sind. (TH)

Ablenker

Sie kann man sich wie einen Bildschirmschoner für die Psyche und das Geplapper und die Anforderungen der andere Teile vorstellen. Ablenkende Teile helfen, unser System zu entspannen. Wenn die Ablenker zu oft oder zu lange im Vordergrund stehen, kann das den Zugang zu nützlichen Teilen verhindern. (TH)

Innere Kinder

Freie Kinder, Sonnenkinder, Spielkinder

Das sind die kreativen, abenteuerlustigen, lustvollen und vergnügten inneren Kinder. Sie haben eine ansteckende Energie. Sie sind eine wichtige Quelle von Kreativität, Leidenschaft und Lebenslust. Da sie auf unser System auch bedrohlich wirken können, werden sie häufig verborgen oder weggesperrt. Sie spüren mit ihren feinen Antennen sehr gut, wenn uns etwas nicht guttut oder etwas nicht stimmt. Die freien Kinder sind eine wichtige Ressource im inneren System. (DK)

Verbannte - verletzte Kinder, traumatisierte Teile...

…tragen die Lasten aus der Vergangenheit. Meist sind es kindliche Teile, die sehr empfindsam, verletzlich, unschuldig, spielerisch, kreativ oder Nähe suchend sind. Sie wurden durch innere Manager verbannt oder weggeschlossen, weil sie vom Umfeld als inakzeptabel angesehen wurden und deswegen keinen Zutritt zur inneren Bühne bekommen, um schmerzliche soziale Konsequenzen zu vermeiden. Oder es handelt sich um traumatisierte Teile, die verbannt wurden, damit das innere Wohnzimmer nicht von schmerzlichen Erinnerungen und Gefühlen überflutet wird. (TH)

Sie möchten nie wieder so verletzt werden und wünschen sich verzweifelt verstanden oder erlöst zu werden.

Diese verbannten Teile schauen nicht auf die Gegenwart. Sie hängen mit ihren Erfahrungen, ihrem Erleben, den Gefühlen und Reaktionen in der Vergangenheit fest. Das Trösten und Kümmern um die Verletzungen dieser Teile sollte unbedingt gemeinsam mit einem/er erfahrenen psychologischen Psychotherapeuten/in erfolgen. (DK)

Feuerbekämpfer

Sie gehören zu unseren Beschützer-Teilen und treten immer dann in Aktion, wenn es wortwörtlich in unserem Inneren brennt und ein Brandherd gelöscht werden muss. Verbannte bzw. verletzte Kinder können durch bestimmte Lebensumstände/Trigger wieder aktiviert werden und beginnen, die Person mit Gefühlen, Schmerz oder Bildern zu überschwemmen. Dadurch nehmen innere Ablenker eine extreme Form an und nehmen das Wohnzimmer komplett in Beschlag. Diese sogenannten Feuerbekämpfer sollen zwar helfen, nehmen aber schädliche Ausmaße an. Dazu zählen bspw. Essattacken, selbstzerstörerische Verhaltensweisen, Selbstverletzung, Gewalt, Dissoziation, Süchte und Suizidalität. Die Feuerbekämpfer füllen das gesamte innere Wohnzimmer mit intensivem körperlichen Erleben. Das wirkt aber nur vorübergehend. Nämlich nur solange, bis innere Manager oder Aufpasser wieder stark genug sind und das Verhalten verurteilen. So entsteht ein Teufelskreis.(TH) 

Wie sich Teile gegenseitig beeinflussen

Teile in unserem System können zusammenarbeiten

Dann schließen sie sich zu Koalitionen oder Bündnissen zusammen. Sie haben oft ähnliche Ziele und Werte. Dadurch werden sie mächtiger und können extreme Formen annehmen.

Teile, die entgegengesetzt arbeiten

Anteile mit sehr gegensätzlichen Absichten, haben oft konträre Ziele zu anderen Teilen. Sie bilden die Opposition. Auch hier können sich Teile zu einem Bündnis zusammenschließen. Werden Teile in ihrer inneren Haltung immer extremer, polarisieren sie sich. Ein anderer Begriff dafür ist die kognitive Dissonanz. 

Bsp: Arbeiten ein innerer Helfer und ein Antreiber als Bündnis zusammen, bringen sie uns häufig weit über unsere Belastungsgrenze. Irgendwann wird es unserem System einfach zu viel, und der Faulenzer schaltet sich ein. Er reagiert dann mit wenig Motivation oder Lustlosigkeit. Wie bei einem Ping-Pong-Spiel werden beide Pole immer lauter, nehmen mehr und mehr Raum auf der inneren Bühne ein und wollen irgendwann nicht wieder runter. 

In einem ausbalancierten Zustand wechseln sich die Teile ab, und es entsteht eine positives Miteinander. Schaffensphasen und Erholung wechseln sich auf eine konstruktive und gesunde Weise miteinander ab, die unserem Wohlbefinden zugute kommen.

Auswirkungen auf Beziehungen

Besonders in sozialen Beziehungen werden innere Teile aktiviert. Am leichtesten durch den/die Partner/in. Wird in einer Situation, zum Beispiel in einem Gespräch, durch das Gegenüber ein Anteil in uns aktiviert, reagieren wir mit deren Gedanken, Emotionen, körperlichen Empfindungen und Verhaltensweisen. Wir reagieren dann meist nicht angemessen. Vor allem, wenn ein kindlicher Anteil oder ein Anteil in extremer Ausprägung aktiv ist. Beim Gegenüber passiert ähnliches. Auch da wird ein Teil aktiviert. So reagieren beide über und es kommt zum Streit, weil die Situation nicht mehr mit klarem Kopf aus dem Selbst heraus bewältigt wird. Im Nachhinein fällt schon einmal der Satz “Das ist ja wie im Kindergarten hier.”. Und genau das wird passiert sein. Ein inneres Kind hat das Zepter in der Situation übernommen. Wenn man nach einer solchen Situation bemerkt, dass man selbst zu stark, zu emotional oder auch zu rational reagiert hat, kann man sich ziemlich sicher sein, dass gerade ein Anteil die Führung übernommen hatte. In sozialen Beziehungen ist es also wichtig, möglichst aus dem Selbst heraus zu agieren. Dann lassen sich konflikthafte Situationen am besten bewältigen.

Take Home Message

Das innere Familiensystem kann dabei unterstützen, sich in die gewünschte Richtung zu verändern.

Seine Teile, das heißt Programme zu kennen und sie bewusst für sich zu nutzen, kann die Beziehung zu sich selbst und zu anderen Menschen, das Wohlbefinden, die körperliche und die psychische Leistungsfähigkeit verbessern. Und das nachhaltig.

 

Wenn Du noch mehr zu diesem Thema wissen möchtest, empfehle ich das Buch von Holmes & Holmes. Dort findest Du wunderbar anschauliche Erklärungen und Beispielbilder zu den einzelnen Teilen. (siehe Literatur)

Wichtig!

Jeder Teil in uns will letztendlich gehört und gesehen werden, weil er sich sonst zu sehr auf der inneren Bühne in den Vordergrund spielt. Ihn weghaben zu wollen, ist ein nachvollziehbarer Wunsch. Aber leider führt er genau zum Gegenteil. Der Teil wird lauter, stärker und mächtiger, wenn man ihn ignoriert oder bekämpft! Besser ist es also, sich mit ihm auseinanderzusetzen (zusammenzusetzen) und die innere Arbeit gemeinsam zu tun.

Was Du sofort umsetzen kannst

Wie kann man dieses innere Team am besten für sich nutzen?

Um aus den altbekannten Mustern auszusteigen, ist es wichtig, sie zu erkennen. Die Schritte die Du dabei gehen kannst, sind folgende:

  • Lerne Deine Teile kennen
  • Übe Dich in Gewahrsein, also in einer reflektierenden, beobachtenden Haltung
  • Erstelle Dir eine Teile-Landkarte
  • Entdecke Koalitionen und Polaritäten (Deine innere Dynamik)
  • Bringe Dein System ins Gleichgewicht, indem Du Extreme ausbalancierst
  • Entdecke das Ping-Pong in Deinen Beziehungen
So machst Du weiter
Literatur

Holmes, T. & Holmes, L. (2010). Reisen in die Innenwelt. Systemische Arbeit mit Persönlichkeitsanteilen. Kösel-Verlag. München.

Schwartz, R. (1997). Systemische Therapie mit der inneren Familie. Klett-Cotta. München.

Kumbier, D. (2019). Das Innere Team in der Psychotherapie: Methoden- und Praxisbuch. Klett-Cotta. Stuttgart.

Weitere Literatur:

Schulz von Thun, F. (2004). Das innere Team in Aktion. Praktische Arbeit mit dem Modell. Rowohlt Taschenbuch. Hamburg.

Schulz von Thun, F. (2013). Miteinander reden, Band 3: Das “Innere Team” und situationsgerechte Kommunikation. Rowohlt Taschenbuch. Hamburg.

Watkins, J. G. & Watkins, H. H. (2019). Ego-States – Theorie und Therapie: Ein Handbuch. Carl-Auer Verlag. Heidelberg.

Young, J. E., Klosko, J. S., Weishaar, M. E. (2005). Schematherapie. Ein praxisorientiertes Handbuch. Junfermann Verlag. Paderborn.

Butollo, W. & Karl, R. (2012). Dialogische Traumatherapie. Manual zur Behandlung der Posttraumatischen Belastungsstörung. Klett-Cotta. Stuttgart.

Anmerkung zu meiner praktischen Vorgehensweise

Ich arbeite mit meinen Klient/innen hauptsächlich mit dem IFS, weswegen ich hier von Teilen oder Anteilen spreche. Den Begriff für den Teamleiter lasse ich meine Klient/innen selbst wählen. Je nachdem, mit welchem Begriff sie sich am wohlsten fühlen, entscheiden sie sich zwischen Teamleiter/in, Meta-Ebene, Oberhaupt, Häuptling, gesunde/r Erwachsene/r, liebevolle/r Beobachter/in, Dirigent/in, Regisseur, Achtsamkeit oder Selbst. Welcher passt für Dich am besten?

Hinweis zum Artikel

In diesem Artikel wird das IFS-Modell (Schwartz bzw. Holmes) in einer vereinfachten Form für fachfremde Personen dargestellt.

Zum Teil verwende ich äquivalente Begrifflichkeiten anderer Therapieschulen, so wie ich sie in meinem Praxisalltag nutze.

Es ersetzt nicht eine psychotherapeutische Behandlung, wenn diese notwendig ist.

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13.05. – 02.06.2024

Ihre Anfragen beantworte ich bis zum 10.05. und dann wieder ab 03.06.

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Schöne Feiertage und einen guten Start in das neue Jahr wünscht 

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