Affirmationen

5 Gründe warum sie nicht funktionieren

- und was Du dagegen tun kannst -

Inhalt

Einige meiner Klientinnen probieren Affirmationen von sich aus neugierig aus und erzählen mir enttäuscht oder frustriert, dass diese Sätze nur manchmal oder gar nicht bei Ihnen funktionieren. Zum Teil nehmen sie sogar an, dass mit ihnen etwas nicht stimmen müsse, wenn die positiven Effekte von Affirmationen, die in den sozialen Medien so hoch gepriesen werden, bei ihnen keinen Effekt haben.

Warum sie manchmal und manchmal nicht funktionieren und was Du dagegen tun kannst, erfährst Du in diesem Artikel.

Was sind Affirmationen?

Affirmationen sind positive Bewertungen von Situationen, Aussagen oder Handlungen. Diese sollen zu einem besseren Befinden führen, indem man sich diese Sätze immer wieder selbst vorspricht oder aufschreibt. Im Zuge des Selbstoptimierungstrends oder in spirituellen Kreisen sollen sie zu einem besseren Selbstwertgefühl oder auch zu Selbstliebe führen. Hier ein paar Beispiele:

  • Ich liebe mich
  • Ich bin wertvoll
  • Alles ist gut in meinem Leben
  • Ich liebe jede Zelle meines Körpers
  • Ich bin gesund, glücklich und voller Energie

Affirmationen funktionieren,

wenn Du ohnehin bestehende positive Glaubenssätze oder Einstellungen über Dich verstärken möchtest. Wenn Du Dich für einen liebenswerten Menschen hältst, wird eine Affirmation wie “Ich bin liebenswert” Deine Einstellung zu Dir selbst weiter bestätigen. 

Bist Du allerdings davon überzeugt, nicht liebenswert zu sein, dann wird diese Affirmation wahrscheinlich Widerstand in Dir auslösen. Denn…

Wann Affirmationen nicht funktionieren

1. Etwas Negatives wird nicht positiv, nur weil Du es Dir immer wieder sagst

Sich einzureden, dass ein negatives Ereignis oder Gefühl positiv ist, ist aus psychotherapeutischer Sicht bedenklich, wenn nicht sogar gefährlich. Wenn Du Dich  z. B. gerade in einer depressiven Phase  befindest (oder einfach mal ein paar schlechte Tage hast), ist es nicht sinnvoll, sich immer wieder einzureden “Ich bin glücklich”, denn Du fühlst Dich alles andere als das.

Wenn der gewünschte positive Effekt durch eine Affirmation nicht eintritt, suchen viele den Grund dann bei sich selbst. “Bei anderen funktioniert es ja, sie sind erfolgreich, glücklich etc., dann muss mit mir etwas nicht stimmen. Ich muss mich einfach noch mehr anstrengen.”  So entstehen neue negative Glaubenssätze oder bestehende werden verstärkt. Unter Umständen verstärkt sich dadurch eine bestehende depressive oder andere Symptomatik.

2. Innerer Konflikt

(In diesem Abschnitt beziehe ich mich auf die Artikel über Glaubenssätze und Persönlichkeitsanteile. Hier kannst Du mehr nachlesen.)

Dies ist wohl der wichtigste Grund, warum Affirmationen nicht funktionieren.

Wenn eine Affirmation auf einen gegensätzlichen Glaubenssatz oder Persönlichkeitsanteil trifft, entsteht ein innerer Konflikt. Der Fachausdruck dafür heißt kognitive Dissonanz. 

Je mehr sich Affirmation und persönlicher Glaubenssatz/Anteil widersprechen, desto größer ist der innere Konflikt und umso weniger wird die Affirmation (A) funktionieren. Das heißt, desto weniger wirst Du sie Dir selbst glauben. Denn Dein persönliches Programm (P) meint genau das Gegenteil. Ein innerer Dialog entsteht.

A: “Ich bin liebenswert.”

P: “Stimmt nicht.”

A: “Ich bin liebenswert.”

P: “Erzähle doch nicht so einen Unsinn. Niemand liebt Dich.”

A: “Ich bin liebenswert.”

P: “Nein, bist Du nicht. Ich zähle Dir mal alle Gründe dafür auf, warum Du NICHT LIEBENSWERT bist. Und jetzt halt die Klappe.”

usw.

Meist gewinnt unser langjähriges Programm.

3. Weil sie zu stark oder zu schwach sind

Je nachdem, wie stark ausgeprägt der innere Konflikt ist, kann eine Affirmation in ihrer Formulierung einfach zu über- oder untertrieben sein. Bei einem stark ausgeprägten inneren Konflikt wird die Affirmation wenig erfolgreich sein. Ist der Konflikt hingegen nur gering ausgeprägt, kann sie funktionieren. Dann könnte es helfen, sie umzuformulieren.

4. Glaubenssätze und Anteile haben eine Funktion

Glaubenssätze oder Persönlichkeitsanteile sind im Laufe unseres Lebens ursprünglich entstanden, um unser Überleben zu sichern, uns ins soziale Gefüge einzupassen und uns selbst zu regulieren. In jungen Jahre überleben wir nur durch die Beziehung zu unseren nächsten Menschen. Kümmern diese sich nicht um uns, sterben wir. Es ist also wichtig, diese Beziehung aufrecht zu erhalten, ganz egal, wie ungesund diese auch sein mag. Dafür haben wir uns selbst bestimmte Regeln erstellt. Das passierte zunächst unbewusst. Je älter man wird, desto bewusster kann man sich übrigens für bestimmte Einstellungen  entscheiden. 

Die Funktion eines Programms war also ursprünglich auf die Beziehungsgestaltung und unser Überleben im frühen Lebensalter ausgerichtet. Das Gegenteil zu behaupten, hätte daher existenzielle Folgen für uns haben können. Und auch wenn wir heute erwachsen sind, wirken diese Programme im Unbewussten in uns weiter. Zumindest solange, bis wir uns bewusst mit ihnen auseinandersetzen.

5. Es fühlt sich nicht richtig an

Wenn wir von der gedanklichen Ebene weg gehen und ins Fühlen kommen, kann es sein, dass sich eine Affirmation nicht richtig anfühlt. Das kann ein eher subtiles Gefühl sein oder auch eine körperliche Empfindung. Was Du da spürst, ist dieser innere Konflikt, der oben schon beschrieben wurde. Nur findet dieser nicht auf der gedanklichen Ebene statt, sondern auf der körperlichen oder der Gefühlsebene. Dieses unterschwellige nicht richtig Anfühlen könnte man an dieser Stelle auch mit dem Begriff Intuition beschreiben. Es läuft nicht auf bewusster Ebenen ab.

Du merkst, letztendlich führen alle diese Gründe zu einem zusammen. 

Nämlich zur kognitiven Dissonanz – dem inneren Widerstand.

Was kannst Du konkret tun?

1. Benutze bewährte positive Sätze

Nutze Sätze, die Du Dir bereits glaubst und keinen Widerstand in Dir auslösen. Achte darauf, dass sie sich gut und richtig für Dich anfühlen. Erwarte jedoch keinen zu großen positiven Effekt, denn sie gehören bereits zu Deinen positiven Programmen. Solltest Du Dich gerade in einer depressiven oder einfach niedergeschlagenen Phase befinden, kann es hilfreich sein, Deine positiven Sätze zu suchen und zu reaktivieren. Die gehen nämlich in solchen Zeiten häufig zwischen den vielen negativen Gedanken und Sorgen unter. Darüber hinaus ist es sinnvoll, an den Ursachen zu arbeiten, also die alten Programme zu verändern.

2. Realität prüfen

Finde Beweise aus Deinem Leben, die für oder gegen eine Annahme sprechen. Wenn Du mit der Affirmation (Glaubenssatz) “Ich bin liebenswert” arbeiten möchtest, über Dich selbst aber denkst, dass es nicht so ist, dann suche Beweise für Situationen, in denen Du liebenswerte Dinge getan hast oder Dir ein Kompliment darüber gemacht wurde, dass Du ein liebenswerter Mensch bist. 

Abgesehen davon hat jeder Mensch liebenswerte Seiten. Also auch Du! Ganz ohne Leistung zu bringen, Anerkennung von anderen zu bekommen oder Dich zu Verbiegen. Einfach so wie Du bist.

3. Finde für jeden Teil eine passende Affirmation

Hast Du einen inneren Teil, der Deiner gewünschten Affirmation widerspricht, formuliere einen neuen Satz, mit dem sich dieser Teil in Dir anfreunden kann.

Meist besitzen wir mehrere innere Anteile. Oft, nicht immer, haben diese jedoch einen gemeinsamen Ursprung. Finde das Gemeinsame heraus und entwickle Deinen persönlichen hilfreichen Universalsatz. Formuliere ihn positiv und so, dass Du ihn Dir glaubst.

4. Glaubhaft machen

Formuliere Dir einen Satz, den Du Dir auch wirklich glaubst. Dabei kann es hilfreich sein, einfach ein “genug” oder “auch mal” einzufügen. Bsp. Wenn Du Dir “Ich bin liebenswert” bzw. “Ich darf Fehler machen” nicht glaubst, probiere es mal mit “Ich bin liebenswert genug” oder “Ich darf auch mal Fehler machen”.

5. Löse den inneren Konflikt

Den am längsten anhaltenden Effekt wirst Du erfahren, wenn Du lernst, mit Deinen inneren Anteilen (Programmen) umzugehen. Das heißt, wenn Du Deine nicht mehr passenden Programme veränderst.

Unsere Persönlichkeitsanteile hatten in ihrem ursprünglichen Sinn eine Funktion zu erfüllen. Uns zum Beispiel zu beschützen, vorauszudenken, soziale Regeln und Normen zu verinnerlichen oder das innere System zu entspannen. In jedem Fall wollten sie etwas Gutes für uns. Nämlich unser Überleben sichern. Deshalb ist es hilfreich, sich dieser Funktion bewusst zu werden und so wieder eine Balance zwischen den Anteilen herzustellen.

Zu diesem Thema findest Du hier einen ausführlichen Artikel.

6. Erspüren

Egal, ob es um eine Grundannahme oder einen Persönlichkeitsanteil geht, der neue Satz sollte sich richtig anfühlen. Dafür ist Dein Körper ein guter Partner. Achte darauf, dass sich Dein Körper entspannt, weit, wohlig, locker, warm anfühlt. Vielleicht findest Du noch weitere Wohlfühl-Empfindungen. Halte emotional nach neutralen, akzeptierenden, freudigen, liebevollen, wohlwollenden Gefühlen Ausschau.

7. Wende sie nicht an

Wenn Du Dich oder Dein inneres System sich mit Affirmationen nicht anfreunden kann oder will, dann sortiere sie aus Deinem Strategiekoffer aus. Es gibt passendere  Möglichkeiten, wie Du Dein Befinden verbessern kannst.

Take Home Message

Affirmationen funktionieren meist bei bereits bestehenden positiven Einstellungen sich selbst gegenüber. 

Schwierig wird es, wenn Teile in uns vollkommen anderer Meinung sind. Dann entsteht ein innerer Konflikt, den es zu lösen gilt. Wenn Du das schaffst, werden Affirmationen wahrscheinlich besser funktionieren. Aber dann benötigst Du sie auch nicht mehr unbedingt.

Was Du sofort umsetzen kannst

Nimm Dir etwas Zeit und suche Dir einen Punkt aus der Liste heraus, dem Du Dich einmal näher widmest. Vielleicht hast Du nach dem Lesen bereits Ideen und weißt, wo bei Dir der Knackpunkt liegt. 

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